Gewindereparatur mit Helicoil Plus!

Wer regelmäßig schraubt, kennt das Problem: nach fest kommt ab! Häufig, gerade bei Leichtmetallbauteilen, wird dabei das Einschraubgewinde beschädigt. Ärgerlich, aber es gibt eine Lösung zur Gewindereparatur. Helicoil! Dieser Drahtgewindeeinsatz, wie er korrekt genannt wird, wurde Ende der 1930er Jahre in den USA entwickelt. Problemstellung damals: aus Grauguss gefertigte Sternmotoren. Deren Gewinde hatten eine geringe Tragfähigkeit und neigten bei häufigen Wiederholverschraubungen (Wartungsarbeiten) zum ausreißen.

 

Mit Helicoil konnte dieses Problem behoben werden. Beschädigte Gewinde wurden repariert und Neukonstruktionen ab Werk damit verstärkt. (bis heute) Die elastische Auslegung als federnder Wendel bewirkt eine konstante Last- und Spannungsverteilung, durch die eine enorme Steigerung der Gewindetragfähigkeit erreicht wird. Insbesondere in Materialien mit geringer Scherfestigkeit wie z. Bsp. Aluminium.

 

Die KFZ-Werkstatt kennt das Problem aus der Praxis: Gewinde defekt – was nun? Einen Zylinderkopf auszutauschen war und ist äußerst unwirtschaftlich. Daher möchte ich Euch die Vorgehensweise der Gewindereparatur mit Helicoil Plus u.a. anhand eine VW Zylinderkopfes der Motorenbaureihe 827 demonstrieren. Da der ursprüngliche Gewindedurchmesser wiederhergestellt wird, müssen keine Übermaßbolzen oder Schrauben verwendet werden.

 

 

Zuerst wird das zerstörte Gewinde mit dem den Sets (bis M 12) beiliegenden Spiralbohrern aufgebohrt. In unserem Fall handelt es sich um ein Regelgewinde M 8 x 1,25 und der Bohrer hat einen Durchmesser von 8,4 Millimetern. Die in den Böllhoff Sets enthaltenen Spiralbohrer sind im übrigen geschliffen und nicht rollgewalzt. Ist dies geschehen, kann mit dem nach DIN 8140 gefertigten Handgewindeschneider ein Aufnahmegewinde für den einzusetzenden Helicoil geschnitten werden. 

 

 

Im Anschluss wird ein Einsatz gewählt, der mindestens die Länge 1,5 x Schraubendurchmesser hat. Bei sehr tiefen Gewinden können 2 Einsätze hintereinander eingebaut werden. Zum eindrehen nehmen wir die eigens von Böllhoff entwickelte Einbauspindel zur Hand. Aufspindeln, eindrehen – fertig! Fast. Zum Abschluss muss noch der sogenannte Mitnehmerzapfen abgeschlagen werden. Ein entsprechender Zapfenbrecher liegt ebenfalls bei. (bis M 12) Zu beachten gibt es im Prinzip nur, dass der Einsatz ca. ¼ Gang unter der Werkstückoberfläche verschwindet. Nicht oben herausstehen lassen!

 

 

Das reparierte Gewinde hat im Anschluss eine wesentlich höhere Tragfähigkeit. Die Wahrscheinlichkeit, dass dieses erneut zerstört wird, geht gegen Null.

 

Zwei Sonderfälle am Kraftfahrzeug sind Ölwannen- und Zündkerzengewinde. Diese könnten im Prinzip mit den Standardpackungen repariert werden. ABER: um ein optimales abdichten gewährleisten zu können, muss das Aufnahmegewinde absolut lotrecht sein. Da dies händisch mit Akkuschrauber und Spiralbohrer eher schwierig ist, hat Böllhoff eine Sonderlösung ersonnen: das sogenannte Bohr- und Schneidwerkzeug oder kurz: Kombibohrer.

 

Dieser verfügt im vorderen Bereich über ein Führungsteil, wodurch der Gewindeschneider sauber geführt wird. Der Schritt des aufbohrens entfällt. Heißt, dass den Sondersets keine Spiralbohrer beiliegen, dafür der Kombibohrer.

 

Man merke sich in diesem Kontext: nicht das Gewinde dichtet ab, sondern die Dichtringe der Zündkerzen oder Ölablasschrauben.

 

Ich habe den Prozess für Euch am Beispiel einer Aluminium Ölwanne für BMW M 20 Motoren bildlich festgehalten. Das zerstörte Gewinde wird zuerst mit dem Kombibohrer aufbereitet. Auf den Bildern ist der konische Übergang von Führungsteil zum Gewindeschneider schön zu sehen. Dadurch ist es in der Praxis kaum möglich, dass nicht lotrecht geschnitten wird. 

 

 

Eine weitere Besonderheit ist, dass für den Bruch des Mitnehmerzapfens bei Ölablass eine Zange enthalten ist. Mit dieser kann der Zapfen umschlossen bzw. fixiert werden um dann mit einem leichten (!!) Hammerschlag abgetrennt zu werden. Vorteil: er kann nicht in der Ölwanne landen. ACHTUNG: der Hersteller gibt vor, dass Ölwannen oder Zylinderköpfe demontiert werden müssen um zu verhindern, dass Fremdkörper zurückbleiben. Da dies in der Praxis häufig nicht gemacht wird gibt es die Zange, die im Aufbau einer Arterienklemme ähnelt, mit dazu. Ich rate dringend, diese zu nutzen. Die Zapfen sind zwar trotz Edelstahl leicht magnetisch, dennoch würde ich keinen aus der Ölwanne „fummeln“ wollen.

 

 

Noch ein paar Worte zur Qualität. Wer im Internet oder gängigen Shoppingplattformen nach Produkten zur Gewindeinstandsetzung sucht, wird rasch fündig. Das Angebot ist schier unüberschaubar und die Preisdifferenzen zum Teil enorm. Die Handwerker unter uns wissen: billig ist nicht immer gut.

 

Helicoil ist ein bis heute geschützter Begriff und das hat auch gute Gründe. Die Fertigung erfolgt präzise nach DIN 8140 am Standort Bielefeld – made in Germany! Das heißt, die Einsätze haben keinen (!) reduzierten Außendurchmesser und können sich somit ordentlich im Aufnahmegewinde verspannen. Die Kerbe des Mitnehmerzapfens ist vernünftig gefertigt und man hat keinen Ärger beim entfernen desselben. Es genügt, wie weiter oben angemerkt wurde, ein leichter Schlag mit einem kleinen Hammer. Wäre dies nicht gewährleistet, könnte es den untersten Gewindegang herausdrücken.

 

Die Zusatz „Plus“ ist keine Idee schlauer Marketingmenschen. Es handelt sich um eine Weiterentwicklung des Hauses Böllhoff. Die Einsätze sind nicht auf Block gewickelt, sondern eine federnde Wendel. Überdies ist die erste Windung eingezogen und somit die Montage mittels Einbauspindel möglich. Man merkt die präzise Fertigung aller Bauteile beim Einbau. Die geschliffenen Bohrer nach DIN 338 sowie die eigens für Böllhoff gefertigten Gewindeschneider, lassen schon die Vorarbeiten zu einem Vergnügen werden. Es funktioniert einwandfrei. Egal ob Alu oder Stahl. Und das nicht nur einmal und dann ab in die Tonne.

 

Aufgrund der hohen Präzision und des Zusatzes „Plus“, dürfen die Produkte in keinem Fall mit ähnlich aussehenden Plagiaten verglichen bzw. mit deren Werkzeugen eingebaut werden. Anders herum genau so. Die Sachen immer im mitgelieferten Koffer belassen und getrennt von herkömmlichen Gewindeschneidern aufbewahren.

 

Solltet Ihr einmal mit Helicoil gearbeitet haben werden ihr feststellen, dass das lesen dieses Artikels länger gedauert hat, als eine Reparatur.

 

Zu Fragen rund ums Thema Gewindereparatur mit Helicoil Plus dürft Ihr Euch gerne jederzeit an mich wenden.